Am 20.02.2019 ist unsere Antonia Charlotte Sophie auf die Welt gekommen – in einer Vollmandnacht, mit einer Geschwindigkeit und Energie, dass ich zwischenzeitlich dachte, ich überlebe es nicht. Meine Gedanken über die Geburt habe ich hier schon einmal zusammengefasst und mich sehr gefreut über die Vielzahl an mitfühlenden Kommentaren und Erfahrungen, die andere Mütter mit ihren Geburten gemacht haben.

Drei Wochen Toni Lotta

Fakt ist: Viel Zeit für „Wellenatmung“ und sonstige Hypnobirthing-Tricks, die ich mir vorab angeeignet hatte, für Kerzen anzünden und Snacks essen im Kreißsaal war nicht: Um 2 Uhr nachts sind mein Freund und ich im Krankenhaus angekommen, nachdem die Wehen um 22 Uhr angefangen hatten, und um 04:24 Uhr war die Kleine schon auf der Welt. Ich habe die Geburt als sehr traumatisierendes Erlebnis wahrgenommen; ich weiß nicht, wie schnell ich die Schmerzen und das ganze „Drumherum“, zum Beispiel, dass die Ärztin das Baby von oben aus mir rausdrücken musste, vergessen werde. In meinem ganzen Leben kam mir nie so ausgeliefert vor und ich hatte ernsthaft das Gefühl, weder ich, noch das Baby, überleben die Geburt.

Drei Wochen Toni Lotta

Haben wir natürlich aber doch beide. Der überwältigendste Moment war danach für mich, mein Baby auf den Körper gelegt zu bekommen und zu sehen, wie perfekt mein kleiner Schatz ist. Ich werde nie vergessen, wie ich ihre kleinen Hände angeschaut habe, mit perfekt gerundeten Fingernägeln, und dachte: „Krass. Sie ist einfach absolut perfekt.“ Neun Monate fragt man sich, wie es dem Baby im Bauch geht, ob es gesund ist, ob „alles dran“ ist – und dann liegt da ein kleiner Mini-Mensch auf einem mit – in meinem Fall – immens langen Wimpern, braunem Haar, einer kleinen Stupsnase und diesen süßen kleinen Fingerchen. Ein wahres Wunder! 

Drei Wochen Toni Lotta

Ich habe mich sehr schnell von der Geburt erholt: Genau zwei Stunden später, um halb 7, bin ich vom Stuhl aufgestanden, habe nach ein paar tapsenden Schritten gemerkt, dass ich absolut fit bin, mich aufgerichtet und gedacht: „Man! Krass!!! Ein neuer Tag, die Sonne scheint, ich will Kaffee! Und Frühstück! Und der ganzen Welt mein perfektes Baby zeigen!!“ Letzteres hatte natürlich noch etwas Zeit, sodass mein Freund los ist zu Zeit für Brot, um von dort Frühstück ins Krankenhaus zu bringen. Ich bin derweil durchs Krankenhaus gelaufen, mit Baby im Bettchen, und habe mich gefühlt, als sei nie etwas gewesen. 

Drei Wochen Toni Lotta

Wir sind zwei Nächte im Krankenhaus geblieben, mehr oder weniger komplett ohne Schlaf, ich war viel zu aufgedreht und die kleine Maus leider doch sehr weinerlich nach der anscheinend auch für sie traumatisierenden Geburt.
Zu Hause angekommen, hatten wir dann zweieinhalb Wochen Zeit zu dritt, um uns an das neue Leben zu gewöhnen. Diese Zeit war wunderschön und so, so wertvoll. Für uns als Familie, aber auch für mich selbst, da ich wirklich so fit war, dass ich auch mal ohne Baby für eine Stunde alleine vor die Tür gehen konnte, einen Kaffee trinken oder etwas erledigen / einkaufen, und derweil den Kopf frei bekommen. Die Nächte haben mich anfangs fertig gemacht, in den ersten zwei Nächten nach dem Krankenhaus bin ich während dem Stillen nachts immer selbst wieder eingeschlafen, ich konnte meine Augen einfach nicht offen halten. Kopfschmerzen blieben da nicht aus, plus jede Menge Momente, in denen die Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit überwog. Genau so hatte ich mir das Wochenbett vorgestellt: absolut schön auf der einen Seite, mit Gefühlen für sein Baby, die man nicht in Worte fassen kann, auf der anderen Seite so viel Unsicherheit, dass man glaubt, das alles niemals richtig machen zu können. 

Drei Wochen Toni Lotta

Heute ist der dritte Tag, an dem ich mit unserer Antonia den Tag alleine bewältige. Ich kann noch nicht sagen, dass ich es sehr genieße; zu Hause, in den eigenen vier Wänden, in denen ich mich zu 100 % nach Toni richten kann, ist alles gut, da laufe ich eben, wenn es sein muss, auch um 12 Uhr mittags noch im Bademantel herum. Kein Problem. Aber rausgehen, womöglich Termine einhalten, mit Tram oder Bahn fahren, an viel befahrenen Straßen entlang laufen: ist mir noch zu viel. Bzw. anders gesagt: ist ihr zu viel, glaube ich. Ich fühle mich wie eine Rabenmutter, wenn ich sie durch den Verkehr schiebe oder trage, auf dem Weg zum Kinderarzt, in die Drogerie, zur Apotheke. Ich muss diese Touren erledigen und glaube auch, dass die Maus im Alter von drei Wochen so langsam Spaziergänge und ruhige Café-Besuche aushält; doch auf der anderen Seite blutet ständig mein Mutterherz, wenn ich mit ihr draußen bin und ich mich frage, was genau sie alles mitbekommt, ob es sie stresst, was sie denkt, fühlt, sieht, usw. 

Drei Wochen Toni Lotta

Da fühle ich mich noch als absoluten Versager und schlechte Mutter, wenn sie abends, zurück zu Hause, weint und ich über eine Stunde brauche, um sie zu beruhigen.

Drei Wochen Toni Lotta

Ich habe mir jetzt vorgenommen, nicht mehr als einen Programmpunkt pro Tag – zum Beispiel Spaziergang zur Apotheke – vorzunehmen, bis wir uns eingespielt haben und sie sich mehr und mehr an die Eindrücke gewöhnt. Ich hoffe so sehr, dass es bald so warm ist, dass ich auch draußen problemlos stillen kann und auch mal einen Kaffee trinken kann. Ich bin da noch so eingeschüchtert, was das Weinen im Café oder Restaurant anbelangt. Fragen wie: Wo kann ich stillen, stört es jemanden, wenn ich hier „meine Brüste auspacke“? Wo ist im Zweifel ein Wickeltisch? Wie lange wird sie wohl noch ruhig sein? Ist ihr zu warm / zu kalt, habe ich ihr das Richtige angezogen? ziehen sich durch den Tag wie Kaugummi, ich habe ungelogen keinen anderen Platz im Kopf als für das Baby. Das macht viel Kopfschmerzen und Unruhe, Frustration und Unsicherheit; auf der anderen Seite ist alles mit der Maus so, so, so schön, sie ist so süß und perfekt und gesund und wach, dass mir vor Liebe das Herz zu platzen droht.

Drei Wochen Toni Lotta

Ich hoffe, mich bald mit ihr einzugrooven, hoffe, dass es weniger windig, dafür wärmer draußen wird, dass sie uns bald anlachen kann, und ich hoffe, meine eigenen Ansprüche an mein Leben, an Arbeit, soziale Kontakte usw. herunterschrauben zu können, um gelassener und noch mehr für meine Toni Lotta da sein zu können.

Drei Wochen Toni Lotta

Jetzt muss ich beim Lesen meines eigenen Textes hier direkt wieder ein paar Tränen vergießen – das lässt sich angesichts der Hormonachterbahn momentan nicht vermeiden. Demnach mache ich Schluss, widme mich wieder meinem Baby und freue mich über alle, die bis hierhin mitgelesen haben. 

So, so, so viel Liebe!

Lea Lou

Drei Wochen Toni Lotta

Fotos: Lea Lüdemann und JFQ Photos

Author

Hey, ich bin Lea Lou, Food-Fotografin, Content-Kreateurin, Mama und Yoga-Lehrerin.

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